Nichts fällt mir schwerer als das

Obwohl ich eigentlich sehr viel Disziplin habe

Hi,

vergangenen Freitag habe ich eine Zahl gelesen, die wie ein Schlag ins Gesicht war. Oder in die Magengrube.

  1. Sechshunderteinundfünfzig.

So oft habe ich in der letzten Woche mein Smartphone aktiviert. Also in die Hand genommen, entsperrt und dann irgendwas damit gemacht. Das sind fast 100 Mal am Tag.

Deswegen musste ich am Samstag (leider mal wieder) die Reißleine ziehen.

Das macht mich so wütend. Auf mich selbst. Denn eigentlich habe ich sehr viel Disziplin.
In meiner Jugend haben mich meine Freunde um meine Disziplin beneidet. Über Jahre habe ich täglich Liegestützen gemacht, jeden Morgen wenn der Wecker geklingelt hat. Am Nachmittag dann Klimmzüge. Ohne Ausnahme, ohne Pause.
Im jungen Erwachsenenalter habe ich keinen Schluck Alkohol getrunken, einfach weil ich das nicht wollte.
Als ich mit Parkour anfing, habe ich jede Woche mindestens sechs Mal 90 Minuten trainiert. Ohne Ausnahme, bei jedem Wetter.

Anfang 2024 ist mir das schon mal aufgefallen. Dann habe ich in meinen Notizen irgendwas von “Discipline Comeback” aufgeschrieben, da ich daran geglaubt hatte, nun endlich auch dem Smartphone einen Schritt voraus zu sein und meine Disziplin wieder anzuzapfen.
Aber von nichts kann ich mich so schwer trennen wie von Social Media (insbesondere LinkedIn und YouTube).

Dabei scrolle ich dort noch nicht mal stundenlang, sondern wenn ich etwas veröffentlicht habe, checke ich konstant, wie die Reaktionen ausfallen. Ich will einfach wissen, was damit passiert.

Nur: Weit öfter, als es gesund ist und überhaupt sein müsste.

Was mich daran am meisten stört: Ich habe dem Thema auch in meinem Familienleben viel zu viel Raum gegeben.

Der Grund, warum es mir so schwer fällt, liegt auf der Hand: Fast alle meine Kund:innen, die heute mit mir zusammenarbeiten, haben mich initial über meine Arbeit bei LinkedIn kennengelernt. Nur: Ich möchte einen Weg finden, das “Produzieren” vom “Feedbackkreislauf” zu trennen.

Ehrlicherweise glaube ich auch nicht, dass Social Media uns als Menschheit großartig weiterbringt - sondern eher beschäftigt hält. Trotzdem glaube ich noch daran, dass es auch einen Weg gibt, damit sinnvoll umzugehen.

So versuche ich das jetzt in die Tat umzusetzen:

Freiheit durch Systeme

Systeme helfen dabei, im Alltag mehr Energie für die wichtigen Entscheidungen übrig zu haben, da die Systeme das Chaos ein stückweit vorstrukturieren.

Also zum Beispiel ein System, über das Kunden auf deine Arbeit aufmerksam werden und dich als Unterstützung wahrnehmen.
Ich habe bisher das “System” LinkedIn genutzt, um Aufmerksamkeit für meine Arbeit zu generieren. Aber ich glaube einfach nicht sehr effizient - oder zumindest so, dass es sich für mich gut anfühlt. Daran möchte ich etwas ändern.

Ich möchte mir Systeme entwickeln, die mir den kreativen Freiraum für meine Videoprojekte ermöglichen, ohne mich von den Plattformen abhängig zu machen. So dass ich mich voll auf meine Arbeit mit meinen Kund:innen konzentrieren kann.

Dabei spielt natürlich auch dieser Newsletter eine Rolle. Welche genau - das muss ich erst noch herausfinden.

Post-Its, Bleistift und Eisen.

In den letzten Tagen habe ich meine Bildschirmzeit drastisch reduziert, vor allem die vom Smartphone. Habe mir feste Zeiten überlegt, zu denen ich meine sozialen Medien überhaupt checke. Wenn ich Ideen für ein Video habe, dann überlege ich mir öfter, ob das jetzt überhaupt sein muss und was ich mir davon erhoffe.

Außerdem hilft mir meine Schreibmaschine dabei, Gedanken zu strukturieren. So auch die Kombination aus meinen Notizbüchern und Post-Its. Back to the roots.

Meine Kettlebells, die bei mir im Dojo stehen, kamen jetzt auch schon wieder öfter zum Einsatz - da ich ja unterm Strich auch sehr viel mehr Zeit und Energie habe.

Allow Now-Ness

Eigentlich geht es mir genau darum. Ich möchte wieder lernen, mehr im Hier und Jetzt anwesend zu sein. Nicht darüber nachdenken, wo ich den nächsten Dopaminkick herbekommen kann oder was ich als nächstes “konsumiere”, sondern mich wieder mit meinen Gedanken auseinandersetzen - und wenn ich feststelle, dass ich wichtige Gedanken habe, die jetzt gerade nicht in den Moment gehören, dann schreibe ich sie mir zumindest auf, dass ich sie später nochmal aufnehmen kann. Und zwar mit einem Stift auf Papier. Oder mit einem mechanischen Monstrum.

Am Montag war ich zu Gast bei Conny Hattula in ihrem tollen Podcast. Dort habe ich (etwas ungeplant ehrlicherweise) über genau diese Herausforderungen gesprochen. Ich freue mich sehr darauf, wenn diese Folge erscheint. (Ich habe euch schon mal ihren Podcast verlinkt)

Denn all das ändert überhaupt gar nichts an meiner Überzeugung, dass Videos eine unfassbar wichtige Rolle in unserer Kommunikation spielen. Dass sie ein phantastisches Medium sind, das es sich lohnt zu lernen. Es wirkt sich allerdings auf die Frage aus, in welchem Kontext sie verwendet werden und inwieweit sich das auch auf uns selbst auswirken kann.

Denn wenn du etwas Kreatives gestaltest und das anderen Menschen zeigst, wie wirkt sich deren Urteil und deren Meinung auf dich aus?
Wenn alle sagen “Mach’s doch in gelb statt blau!” - wie wirst du reagieren?

Das Dojo ist Ort des Seins und Werdens.
Hier darf alles sein und kann alles werden.

Danke, dass du ein Teil davon bist.

Ben